Wenn die Erbbenachrichtigung kommt
Vor kurzem flatterte uns ein Brief vom Amtsgericht ins Haus. Ein entfernter Verwandter war verstorben und wir wurden als potenzielle Erben benachrichtigt. In diesem Fall wussten wir schon durch andere Familienangehörige davon und konnten uns schon Gedanken machen.
Es hatten nämlich schon diverse andere Erbberechtigte vor uns das Erbe ausgeschlagen. Doch warum eigentlich? Ganz sicher kann man sich in den allermeisten Fällen ja nicht sein, aber es wurde vermutet, dass die verstorbene Person Schulden hinterlassen hat. Und die muss man übernehmen, wenn man das Erbe antritt.
Das heißt, es steht in der Erbbenachrichtigung nicht drin, wieviel ihr erbt. Nur dass ihr grundsätzlich erbberechtigt seid. Ihr könnt das Erbe nur komplett annehmen oder ausschlagen. Und wenn ihr es annehmt, erbt ihr das vom Verstorbenen hinterlassene Vermögen – im schlimmsten Fall eben auch seine oder ihre Schulden.
Seid also sehr vorsichtig und prüft genau, ob ihr ein Erbe annehmen wollt oder nicht. In unserem Fall waren die Bedenken zu groß, sodass wir das Erbe ausschlagen wollten. Lasst euch bei Bedarf von einem Anwalt beraten, dieser Artikel hier stellt keine Rechtsberatung dar!
Am Wichtigsten zu wissen ist: ab dem Zeitpunkt eurer Kenntisnahme des Erbes habt ihr nur sechs Wochen Zeit um es auszuschlagen. Liegen weder Testament oder Erbvertrag vor, werdet ihr im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge nicht mal benachrichtigt. Da man in Deutschland nach dem Prinzip des “Vonselbsterwerb” ausgeht, müsst ihr in diesem Fall proaktiv das Erbe ausschlagen. Liegen entweder ein Testament oder ein Erbvertrag vor, werdet ihr vom zuständigen Nachlassgericht per Brief informiert. Auch wenn ihr in der gesetzlichen Erbfolge nachgerückt seid, weil andere das Erbe ausgeschlagen haben, werden ihr schriftlich benachrichtigt. In diesen Fällen habt ihr ab Zugang des Briefes sechs Wochen Zeit, um das Erbe auszuschlagen. (Verlängerte Fristen gibt es, wenn der Erblasser seinen Wohnsitz im Ausland hatte oder ihr euch zu dem Zeitpunkt des Erbfalls im Ausland befunden habt.) Also bloß nicht den Brief einfach ungelesen liegen lassen oder, wenn die gesetzliche Erbfolge gilt, einfach abwarten. Keine aktive Ausschlagung heißt in Deutschland im Erbfall: ja ich will erben.
Schritt 1: Prüft, ob ihr das Erbe annehmen wollt.
Vielleicht wisst ihr sehr gut, wie es um die finanziellen Verhältnisse des oder der Verstorbenen bestellt ist. Falls nicht, recherchiert ein bisschen. Fragt bei Bekannten und Verwandten nach, holt euch irgendwie Informationen ein. Interessant ist auch, ob andere Erbberechtigte das Erbe ausgeschlagen haben und wenn ja, aus welchen Gründen oder auf Basis von welchen Informationen sie das taten.
Nehmen wir mal an, ihr wollt das Erbe ausschlagen.
Schritt 2: Setzt eine Ausschlagungserklärung auf.
Ihr müsst das Erbe schriftlich mit einer “Ausschlagunserklärung” ausschlagen. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: ihr schreibt die Erklärung selbst und lasst nur eure Unterschrift vom Notar beglaubigen oder ihr lasst den Notar vor der Beglaubigung auch die Erklärung für euch aufsetzen.
Für die notarielle Beurkundung müsst ihr mit Kosten zwischen 20-70€ rechnen. Diese Kosten müsst ihr tragen und könnt sie euch auch nicht erstatten lassen. Lasst euch vorher aber auf jeden Fall beraten beim Aufsetzen der Ausschlagungserklärung beraten, damit ihr keine unwirksamen Formulierungen nutzt.
Schritt 3, Option 1: Lasst die Erbausschlagung notariell beglaubigen.
Eine Erbausschlagung muss in Deutschland notariell beurkundet werden. Es gibt sehr viele Notare, sucht euch einfach einen, der in der Nähe ist und vereinbart einen Termin.
Wichtig: wenn ihr Kinder habt, könnten auch sie nach eurer Erbablehnung erbberechtigt werden (also in der gesetzlichen Erbfolge nachrücken). In diesem Fall solltet ihr beim Notar direkt die Erbausschlagung für die Kinder mit beglaubigen lassen. Sonst lehnt ihr das Erbe ab (und zahlt dafür den Notar) und eure Kinder bekommen irgendwann danach prompt eine eigene Erbenachrichtigung, die ihr auch wieder mit Hilfe eines Notars ausschlagen müsst. Ihr zahlt den Notar also doppelt und habt auch deutlich mehr Aufwand. Für eure Kinder müssen alle Sorgeberechtigten beim Notar anwesend sein und unterschreiben. Plant das zeitlich mit ein, insbesondere bei getrennt lebenden Elternteilen mit geteiltem Sorgerecht.
Denkt daran, dass euer Kind über eure Familie erbberechtigt sein kann, auch wenn ihr gar nicht das Sorgerecht habt. Dann muss das andere Elternteil sich allein um die Ausschlagung kümmern und im Zweifel auch das Erbe für euer Kind zu spät ablehnen oder bewusst annehmen. Sprecht das am besten frühzeitig mit dem sorgeberechtigten Elternteil ab.
(Achtung: Wenn das Kind nicht in der Erbfolge nachrückt, sondern selbst direkt erbberechtigt ist, muss eure Ausschlagungsserlärung zusätzlich noch von einem Familiengericht genehmigt werden.)
Nun übermittelt die beglaubigte Erbausschlagung an das zuständige Nachlassgericht. Auch seitens des Nachlassgerichts entstehen euch wieder Kosten, die abhängig von der Erbmasse (also der Summe des Erbes) sind. Bei verschuldeten Personen zahlt ihr pauschal 30€. Ansonsten richten sich die Kosten nach der Erbsumme und betragen eine 0,5fache Gebühr (gerechnet auf die Erbsumme) mindestens aber 15€. In unserem Fall, da es sich um eine verschuldete Person handelte, mussten wir also 30€ an das Nachlassgericht bezahlen.
Schritt 3, Option 2: Schlagt das Erbe persönlich mit Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht aus.
Wenn ihr euch die Notarkosten für die Beglaubigung sparen wollt, könnt ihr das Erbe auch persönlich beim zuständigen Nachlassgericht ausschlagen. Bedenkt wieder, dass bei Kindern hier alle sorgenberechtigten Personen anwesend sein müssen. Beim Nachlassgericht entstehen die gleichen Kosten wie für Option 1, ihr spart aber die Notarkosten für die Beglaubigung.
Geschafft – ihr bekommt nun eine Bestätigung vom Nachlassgericht, dass ihr (und ggf. eure Kinder) das Erbe erfolgreich ausgeschlagen haben. Wahnsinn oder? Was für ein Aufwand um etwas NICHT zu erben.
Bitte beachtet, dass dieser Artikel euch nur einen ersten Überblick geben soll, nur den aktuellen Stand Dezember 2023 berücksichtigt und keine professionelle rechtliche Beratung ersetzt!
Wie ist es euch mit der Ausschlagung von Erben ergangen? Habt ihr noch Hinweise oder Fragen zum Artikel? Lasst es mich und die anderen Leser gern wissen.